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Schule für Flüchtlinge – Einfacher Text ‐

gut. Er kann andere motivieren und bestärken. Damit möchte er minderjährigen Flüchtlingen ohne Eltern  zwischen 16 und 21 Jahren helfen. Sie kommen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Somalia. Die Flucht  hat oft mehrere Monate gedauert. Viele haben Schlimmes erlebt. Viele können das nicht vergessen.  Im Jahr 2000 gründete Michael Stenger die „Schlau‐Schule“ für Flüchtlinge in München. Die Schule  möchte den Schülern als Erstes neuen Mut machen. Sie bietet „schulanalogen Unterricht“ an. Das bedeu‐ tet: Unterricht ähnlich wie in einer Schule. Jugendliche Flüchtlinge können nur in die „Schlau‐Schule“ ge‐ hen. Denn für staatliche Schulen sind sie schon zu alt. Stenger sagt: „Die Schüler sollen der Schule ver‐ trauen können. Dann geht alles von ganz allein.“ Michael Stenger wundert sich immer wieder über die  guten Fortschritte von seinen Schülern. Viele von ihnen sind Analphabeten und wohnen in überfüllten  Lagern. Trotzdem lernen sie in zwei oder drei Jahren fließend Deutsch. Die Schüler lernen sehr schnell.  Deshalb können sie die Hauptschulprüfung machen. Fast alle bestehen die Prüfung. Die Schlau‐Schule ist  aus einem Grund erfolgreich: Die Klassen sind klein. Engagierte und speziell fortgebildete Lehrer und So‐ zialpädagogen helfen ihren Schülern. Gemeinsam lösen sie Probleme und Krisen. Ein kurdischer Junge aus  dem Nordirak etwa erhielt täglich Drohanrufe von seinem Vater. Der Junge sollte dem Vater Geld schi‐ cken. Sonst würde der Vater die Mutter schlagen. Die Lehrer haben das herausgefunden. Sie besorgten  dem Jungen daraufhin eine neue Handynummer. Damit wollten sie den Jungen schützen. Die Lehrer  machten dem Jungen Mut. Sie unterstützten ihn ganz besonders beim Lernen für den Hauptschulab‐ schluss. Drei Monate später hatte er den Abschluss geschafft.  Michael Stenger sagt: „Die Schüler müssen wissen: Die Lehrer helfen ihnen. Auch wenn es Probleme gibt.“  Ein einziges Mal gab es große Probleme. Eine Schülerin sollte zurückgeschickt werden. Der Schulleiter  versuchte alles. Er informierte Presse, Politik und Prominenz. Dadurch wollte er dem Mädchen aus Togo  helfen. Sie sollte dableiben können. Stenger sagt: „Wir haben das Mädchen aus dem Flugzeug geholt. Fast  wäre es zu spät gewesen. Zur Not hätte ich mich ans Fahrgestell gefesselt.“ Manchmal ist Stenger radikal.  Aber nur so kann man die Welt verändern und ein bisschen gerechter machen.  Die Privatschule ist vom Staat anerkannt. Sie bekommt Geld vom Staat und durch Spenden, Stiftungen  und Sponsoren. 300 Schüler besuchen die Privatschule heute. Zusätzlich kümmern sich die 40 Lehrer und  Sozialpädagogen von der Schule immer noch um 75 frühere Schüler. Diese Schüler machen eine Ausbil‐ dung oder besuchen eine weiterführende Schule. Manche von den ehemaligen Schülern schaffen sogar  das Abitur. Michael Stenger sagt: „Wir müssen den Flüchtlingskindern nur eine Chance geben. Sie nutzen  sie.“ Diese Botschaft will Michael Stenger im ganzen Land verbreiten. Im vergangenen Jahr hat er die  Schulleitung abgegeben. Er will sich politisch ganz für die Flüchtlinge einsetzen. Michael Stenger kann  Menschen sehr gut für etwas begeistern. Er wünscht sich etwas: Auch andere Großstädte sollen sein Mo‐ dellprojekt einführen. Denn eine Schule für Flüchtlinge braucht man überall.

© nat verlag 2016 

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