Lexikalisch-semantische Störungen - Begleittext
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Theoretischer Hintergrund
Aktivierungsprozesse jeweils auf ein größeres Umfeld von Konzepten er- strecken. Wortfindungsschwierigkeiten sind u.a. dadurch zu beseitigen oder zu verringern, indem den Patienten von verschiedenen Einstiegspunkten her immer wieder Hinweise über die Zu- sammensetzung semantischer Felder und die Beziehungen zwischen den Wörtern gegeben werden." (Stachowi- ak, 1979, S.178). Doch ganz gleich, welchem dieser kon- kurrierenden Modelle man gegenwärtig den Vorzug geben mag, es bleibt eine empirische Frage, ob sprachliche Kon- zepte als Mengen semantischer Merk- male oder als intern nicht strukturierte Einheiten aufzufassen sind und ob sie berechnet oder abgelesen werden müssen. Ohne uns einem dieser mög- licherweise sogar kompatiblen Ansätze verpflichten zu wollen, genügt für unse- ren Zusammenhang die Annahme, daß das semantische Lexikon intern so or- ganisiert ist, daß zwischen den einzel- nen Konzepten Bedeutungsbeziehun- gen unterschiedlicher Art bestehen. Begriffe, die semantisch besonders eng aufeinander bezogen sind, bilden ein semantisches Feld. Innerhalb eines solchen Subsystems bestehen beson- ders starke und zahlreiche semantische Verknüpfungen zwischen den Konzep- ten, von denen einige besonders typi- sche Elemente des Feldes sind. Bei den Relationen selbst kann man zwischen klassifikatorischen (Ober- Unterbegriff, Kohyponymie, Teil- Ganzes) und nichtklassifikatorischen (situativ-referentielle, assoziative, prag- matische usw.) unterscheiden, wobei erstere hierarchisch sind und das orga- nisatorische Gerüst des semantischen Lexikons bilden. Bezogen auf das ein-
zelne Konzept unterscheiden wir zwi- schen zentralen und peripheren se- mantischen Merkmalen oder Eigen- schaften. Das Zentrum oder auch den Kern eines Konzepts bilden dabei alle klassifikatorischen Informationen ( Tier- Hund-Pudel; Hund-Katze; Pudel- Dackel; Hund-Schnauze) sowie dieje- nigen nichtklassifikatorischen mit der höchsten intersubjektiven Überein- stimmung innerhalb der Sprachgemein- schaft ( Zitrone/gelb; Besen/kehren) . Die Konzeptperipherie dagegen besteht aus eher idiosynkratischen oder zufälli- gen Eigenschaften, die mit dem betref- fenden Begriff assoziiert werden ( Jung- geselle/schlampig; Nachbar/ Hund). Der Übergang vom Zentrum zur Peri- pherie eines Konzepts ist kontinuierlich, und von innen nach außen nimmt die intersubjektive Varianz semantischer Informationen zu. Wie Rosch et al. (1976) nachweisen, scheint es nun allerdings bestimmte Konzepte innerhalb des semantischen Lexikons zu geben, die sogenannten Basiskonzepte, denen ein besonderer Status zukommt. Die umfangreiche ex- perimentelle Studie kommt zu dem Er- gebnis, daß es eine Basisebene der Abstraktion gibt, auf der Bedeutungska- tegorien die meisten Informationen ent- halten und sich dadurch am deutlichs- ten von anderen Kategorien unter- scheiden. Die Konzepte der Basisebe- ne nehmen in Klassifikationen wie Tier- Fisch -Hai oder Spielzeug- Ball -Fußball eine mittlere Position ein. Die Experi- mente belegen u.a., daß mit diesen Konzepten die meisten Attribute ver- knüpft sind und daß sie von den Pro- banden auffallend häufig zur Bezeich- nung sowohl der übergeordneten als auch der untergeordneten Kategorie
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